Naturhotel Waldklause
Erlebnisreportage von Susanna Bingemer
Kein Wunder, dass ich mich in diesem einzigartigen Hotel sofort wohlfühle: Die Waldklause inmitten eines Wäldchens im Tiroler Ötztal ist durch und durch aus natürlichen Materialien gebaut, neben Glas und Stein ist das vor allem Holz. Und zwar Holz aus der Region wie Lärche und Zirbe – geschlagen in der richtigen Mondphase zwischen November und Januar, weil es dann resistenter sein soll. Die einzelnen Holzelemente des gesamten Bauwerks sind ganz ohne Leim miteinander verbunden, nur mit getrockneten Holzdübeln. Als Dämmstoff diente nur Schafwolle von Tiroler Schafen.
Mit dem Bau ihres Naturhotels haben sich Irene und Edmund Auer den Traum von einem nachhaltigen Designhotel erfüllt. 2004 war das Haus Österreichs erstes Hotel, das ganz aus Holz gebaut war und zugleich modernster Ästhetik entsprach. Und schon zu einer Zeit wichtige ökologische Kriterien erfüllte, als der Begriff Nachhaltigkeit noch nicht in aller Munde war. So wird das Niedrigenergiehaus von Anfang an vom Biomassekraftwerk des Ortes beheizt, man nutzt das warme Abwasser des Pools für die Heizung des Hotels und bezieht Ökostrom. Bei der Planung des Holzhotels mussten sich die Auers und ihr Architekt Markus Kastl einiges einfallen lassen wegen der hohen Brandschutzanforderungen und der Schalldämmung. Im Ötztal war man damals skeptisch: Zu Beginn bekamen die Bauherren Sprüche zu hören wie „Das Haus zerfressen doch die Würmer“. Inzwischen wird ihre Kompromisslosigkeit und ihr Mut längst bewundert und belohnt: Das 5-Sterne-Haus ist heute das am besten ausgelastete Hotel im ganzen Ötztal und mehrfach ausgezeichnet, etwa als Öko-Spitzenreiter mit dem bestmöglichen Platin Status des „TripAdvisor GreenLeaders“-Programmes.
Genauso, wie man das mit drei Brücken verbundene Gebäude harmonisch an das bereits zuvor bestehende Restaurant Waldklause der Auers anfügte, wurde es auch ausgewogen in einem Lärchenwäldchen positioniert. Vom alten Baumbestand ist so viel wie möglich erhalten worden und die für das Hotel geschlagenen Bäume hat Familie Auer an anderer Stelle wieder aufforsten lassen. Die große Verbundenheit der Hoteliers mit der sie umgebenden Natur und speziell ihre Liebe zu Bäumen zeigt sich auch beim Hotelgebäude selbst – viele runde Formen erinnern an Baumstämme – und bei seiner nach Prinzipien des Feng Shui gestalteten Inneneinrichtung:
Hier ein Loch in der Wand, da ein Durchbruch – Licht und Energie sollen fließen können. Überall duftet es angenehm nach Holz, auch für die Innenräume wurden natürlich heimische Hölzer wie Lärche, Kastanie, Apfel oder Vogelbeere verwendet. Alle Zimmer sind strahlungs- und störungsfrei, da ist es nur konsequent, dass es WLAN nur unten in der Lobby und an der Bar gibt – dieses Naturhotel bietet eine gute Gelegenheit, um im wahrsten Sinne des Wortes abzuschalten. Und mit allen Sinnen einzutauchen in die entschleunigende und gleichzeitig so lebendige Natur im und um das Hotel: geführtes Waldbaden oder einfach Eichhörnchen beobachten in den Baumwipfeln vor den sonnigen Panoramaterrassen, den nahen Wildbach rauschen hören und die zwitschernden Vögel, Tannenzapfen und Moos unter den Fußsohlen spüren auf dem hoteleigenen Barfußpfad, die archaische Schönheit der Objekte und Bilder, der Obstschalen und Beistelltische aus Holz im ganzen Haus bewundern, in der Baumsauna schwitzen mit Blick auf den Lärchenwald oder bei einer ganz besonderen Massage mit Zirbenholz und Zirben-Massagemilch entspannen.
Überhaupt die Zirbe. Ihr Öl und Harz gelten als heilend. Nicht ohne Grund wird dieser Nadelbaum auch Königin der Alpen genannt. Das duftende Holz reinigt die Luft, wirkt beruhigend und fördert erholsamen Schlaf. In Studien stellte man sogar fest, dass die bioaktiven Substanzen von Zirbenholz die Herzschlagfrequenz deutlich reduzieren. Das erspart dem Herz viel Arbeit, weshalb nach einer Nacht im Zirbenholzbett der Körper entspannter ist. Zudem dauern die Tiefschlafphasen länger, das Immunsystem wird gestärkt und das gesamte vegetative Nervensystem vitalisiert. Natürlich spielt also auch in der Waldklause das wunderbare Zirbenholz eine Rolle. Und natürlich schlafe ich hier wie ein Murmeltier, sei es wegen des Zirbenholzes oder der unglaublich bequemen Matratze aus reiner Schafwolle oder dem achtsamen, irgendwie bewusstseinserweiternden Umgang mit Natur, der überall zu spüren ist.
Hier hat man voll und ganz verstanden, dass wir von und mit der Natur leben und wir deshalb sorgsam mit den Ressourcen unserer Lebensgrundlage umgehen sollten.